financial.de: Die Kunst, in der Welt von DNA und Proteinen kritische Masse zu bilden

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2016-06-15 / 15:33
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Die Realität der Wissenschaft besteht nicht nur aus dem aufregenden Moment der Entdeckung oder des schrittweisen Überwindens von Grenzen, sondern sie erfordert auch den Fokus auf Mittelbeschaffung, den Aufbau kritischer Masse sowie nachweisliches Bestreben und Fortschritte dabei, Gewinne und Renditen für Investoren zu erzielen. Das Geld verdienen mit Wissensprodukten stellt jedoch besondere Anforderungen. Ohne Frage ist der Vertrieb von Spitzentechnologien ohne einen direkten Zugang zu einem erfahrenen Vertriebsteam fast ein Ding der Unmöglichkeit. Der Aufbau eines solchen Vertriebsteams nimmt allerdings Jahre in Anspruch.

SYGNIS AG (LIO1.DE), ein in Deutschland ansässiges DNA-Amplifizierungs- und Sequenzierungs-Unternehmen, nutzt daher die sich bietenden Chancen und kündigte erst im vergangenen Monat die Übernahme des britischen privaten Proteomik-Spezialisten Expedeon Holdings Ltd. an. Einige Monate zuvor waren sich die Vorstände der Unternehmen zum ersten Mal begegnet und hatten sofort die Synergien, Stärken und Chancen erkannt, die ein vereintes Unternehmen erzielen könnte. Die Technologien ergänzen sich ideal und reichen von der Analyse der DNA in einer einzelnen Zelle bis hin zur Gesamtheit aller Proteine in einem Organismus und basieren auf einer Cross-Selling-Plattform, die dasselbe Klientel adressiert, von Big Pharma, über kleine Biotechnologieunternehmen bis hin zu Forschern in wissenschaftlichen Laboren weltweit.

Aus Sicht von Expedeon ist die Erweiterung des unternehmenseigenen Portfolios um den Bereich „Genomik“ ein längst notwendiger Schritt, um den eigenen Erfolg im Bereich „Proteomik“ weiter voranzutreiben. Die Risiken und Kosten des Aufbaus des notwendigen Know-hows und der Entwicklung von eigenen DNA-Produkten sind jedoch hoch. Expedeon ist mit seiner Expertise, seinen Technologien und Produkten bereits Marktführer im Bereich Elektrophorese. Auf der anderen Seite besitzt SYGNIS im Bereich DNA das nötige Know-how, das innovative Potenzial und die dazu gehörenden Produkte sowie ein Netzwerk an Distributoren. Der alleinige Vertrieb über ein breites Netzwerk internationaler Vertriebspartner sowie Online-Marketing schöpft das volle Umsatzpotenzial jedoch nicht aus. Die Ergänzung um Expedeons spezialisierte Vertriebsmannschaften in Europa, den USA und Asien schließt diese Lücke, während SYGNIS seine DNA-Expertise und die weltweit führenden Technologien für den stark wachsenden Markt der Molekularbiologie mitbringt.

Neben dem Vertrieb betreibt Expedeon Produktionsstätten in San Diego, Kalifornien und Cambridge, Großbritannien sowie eine Dependance in Singapur. „Unser Geschäft konzentriert sich auf die Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von Produkten für den Proteomik-Markt. Unsere Strategie basiert auf Innovation und auf patentierten Produkten und Applikationen, die von allen mit Proteinen arbeitenden Forschern und Wissenschaftlern im Bereich Life Sciences verwendet werden“, sagte Heikki Lanckriet, CEO von Expedeon im Interview. „Dieser Markt ist riesig und neben der Molekularbiologie einer der beiden wichtigsten Märkte der Life Sciences.“

Bei den von Expedeon entwickelten und kommerzialisierten Produkten handelt es sich um sofort einsetzbare Acrylamidgele, Protein-Färbemittel, Reagenzien zur quantitativen Proteinanalyse, Proteinaufreinigungsharze und Protein-Solubilisierungs-Reagenzien. „Unser Ziel ist es, qualitativ hochwertige, benutzerfreundliche und schnelle Lösungen für die Proteinforschung zur Verfügung zu stellen. Auf dieser Basis haben wir eine breite und loyale Kundenbasis aufgebaut, die heute einen der wichtigsten Vermögenswerte des Unternehmens darstellt. Alle unsere Produkte sind patentgeschützt, haben hohe Margen und zeigen solide Wachstumsraten“, fügte Lanckriet hinzu.

SYGNIS vertreibt zwei Produktlinien, TruePrime(TM) und SunScript(TM), für die DNA- / RNA-Amplifikation (Vermehrung) und -Sequenzierung (Auslesung) des kompletten Genoms. Darüber hinaus hat das Unternehmen Lizenzverträge für zwei Technologieplattformen unterzeichnet: SensiPhi(R), eine verbesserte Version der Phi-29-Polymerase für DNA-Amplifikation mit Qiagen und Double Switch, eine Technologie zur automatischen Analyse von Protein-Protein-Wechselwirkungen und die CACO2-Zelllinie mit Systasy Bioscience GmbH. Die Produkte von SYGNIS zielen auf den Genomik-Markt, die Produkte von Expedeon auf den Proteomik-Markt ab, die beiden weltweit wichtigsten Märkte der Life Sciences. Gemeinsam werden die beiden Unternehmen einen Markt adressieren, der von Experten im Jahr 2020 auf einen Wert von über 39 Milliarden Dollar (MarketsandMarkets) geschätzt wird.

Das kombinierte Produktportfolio bietet Wissenschaftlern das Handwerkzeug zur Analyse jeden Schrittes von der DNA bis zum fertigen Protein. DNA enthält kleine Bereiche, so genannte Gene, die als Matrizen für die Synthese von Proteinen dienen; das sind Moleküle, die alle zellulären Funktion in einem Organismus lenken. Variationen oder Mutationen in der DNA-Sequenz eines Gens können zu einer Überexpression (übermäßige Proteinproduktion) oder Unterexpression (reduzierte Proteinproduktion) des korrespondierenden Proteins oder sogar zu einer Inaktivierung des entsprechenden Gens führen und damit in einigen Fällen sogar Änderungen in der Gesamtzellfunktion auslösen, wie es zum Beispiel bei der Entstehung von Krebs der Fall ist.

Der Ausgangspunkt von Krebs liegt immer in einer Veränderung bestimmter Bereiche der DNA. Ein Ziel der Krebsforschung ist es, Veränderungen im Genom zu identifizieren, die eine normale Zelle in eine Krebszelle verwandeln. Das Verständnis solcher genomischen Veränderungen und deren Verknüpfung mit der Entstehung spezifischer Erkrankungen ermöglichen eine genauere Diagnose, eine bessere Prognose, eine schnellere Entwicklung wirksamer Medikamente und sie bilden die Grundlage zur Entwicklung gezielter, auf den einzelnen Patienten abgestimmter Therapien. Forscher und Ärzte sowie klinische Onkologielabore analysieren molekulare Veränderungen in einem Tumor im Laufe der Behandlung sowie in allen Stadien der Tumorprogression. Diese Ergebnisse werden dann mit dem Proteinlevel des Patienten verglichen. Als Ergebnis können so zum Beispiel vielversprechende Therapieansatzpunkte identifiziert werden, die die Grundlage neuer Behandlungsformen oder Therapien bilden. Genau hier treffen sich die beiden Produktportfolios: SYGNIS-Produkte dienen der Analyse der genetischen Veränderungen, während die Expedeon-Produkte für die Untersuchung der Proteine eingesetzt werden.

„Nach dem Zusammenschluss wird das Unternehmen alle Bereiche der DNA- und Proteinforschung abdecken“, sagte Pilar de la Huerta, Vorstandsvorsitzende der SYGNIS AG. „Unsere Produktbereiche ergänzen sich, aber sie überlappen sich nicht. In vielen Anwendungsbereichen zeigen unsere Produktportfolios eine vollkommene vertikale Integration. Vom logischen Ablauf her gesehen folgt der Einsatz der Expedeon-Produkte unseren SYGNIS-Produkten, so dass aus Produktsicht in der Wertschöpfungskette beider Unternehmen eine perfekte Synergie besteht.“

Beispiele für Synergien und Kosteneinsparungen gibt es zum Beispiel in der Fertigung: Hier kann SYGNIS seine Fertigungsprozesse auf Expedeons hochautomatisierte Fertigungsanlagen in Großbritannien und den USA umlagern. Der Umzug würde die Produktionskosten senken und die Margen erhöhen.

Neben der gemeinsamen Vertriebsmannschaft und der Produktion sowie einem besseren Zugang zu den Kapitalmärkten bieten sich eine Vielzahl von weiteren Vorteilen für das neue Unternehmen. Diese beinhalten unter anderem eine größere geografische Präsenz durch die Expansion in die USA, eine etablierte Basis in Deutschland, von der aus ganz Europa erreicht werden kann, und einen besseren Zugang zum chinesischen Markt durch erweiterte OEM-Vereinbarungen.

Schaut man in die Zukunft, kann das neue Unternehmen mit einem Fokus auf Verbrauchsmaterialien, Spektroskopie-Geräten für die Arbeit an biologischen Molekülen und gelfreien Technologien zur Fraktionierung von DNA und Proteinen zur Vorbereitung der Sequenzierung weltweit führend in der Protein- und DNA-Forschung werden. Ausgehend von einem breiteren Marktzugang, vor allem in den USA, erweiterten OEM-Vereinbarungen und Kosteneinsparungspotenzialen wird von Analysten erwartet, dass das neue Unternehmen im Jahr 2017 den Break-even erreichen könnte.

 

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